Ein Nähkurs der besonderen Art

Studierende der Medizin trainieren im neuen Gesundheitszentrum der Rottal-Inn Kliniken - Ärzte erzählen von ihrer ersten Naht

Eggenfelden. Eine Naht zu setzen, das gehört zum grundlegenden Wissen und Können einer Ärztin oder eines Arztes. Die Technik, Wunden mit Nähten zu verschließen, gehört zu den ältesten Techniken der Medizin, schon in der Antike wurden Nähte gesetzt. Doch schon damals galt: Eine gute Naht will gelernt sein, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie später auch die Optik einer möglicherweise verbleibenden Narbe durchaus beeinflusst.

Gelernt wird der Umgang mit Nadel und Faden in der Medizin während des Studiums und auch in Form von „learning by doing“: Die Studierenden probieren den Umgang mit dem chirurgischen Handwerkzeug aus – natürlich nicht am Menschen, sondern an speziellen Modellen und manchmal auch an echten Gliedmaßen, die stammen dann allerdings aus der Metzgerei, Schweinshax`n haben sich hier bewährt.

In der kürzlich neu eröffneten Gesundheitsakademie der Rottal-Inn Kliniken wurde jetzt so ein Seminar durchgeführt. Die Idee dazu stammte vom Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. med. Jürgen Terhaag, und der war selbst überrascht, wie schnell alle verfügbaren Plätze ausgebucht waren: „Die Teilnehmer kamen bis aus München und Salzburg zu uns, die Nachfrage war so groß, dass wir gar nicht jeden berücksichtigen konnten“, so Dr. Terhaag.

Der Chefarzt  betonte, wie wichtig solche Kurse für die Studenten sind: „Es geht hier um eine medizinische Tätigkeit, die man ganz einfach beherrschen muss, und es gilt gerade dabei der Grundsatz, dass Übung den Meister macht.“ Er plauderte auch ein bisschen aus dem Nähkästchen: „Ich kann mich noch gut an meine erste Naht erinnern, die ich alleine hinkriegen musste, das war nach einer sehr lustigen Studentenfeier: Ein Kommilitone hatte sich verletzt und musste genäht werden. Das habe ich dann gewissermaßen im Alleingang übernommen – aber es wurde dann doch eine recht gelungene Premiere, zumindest habe ich bis heute keine Klagen von ihm gehört“.

Beim Kurs gab es zunächst eine theoretische Einführung in das Wundmanagemant, danach konnten die Studenten an Hautnaht-Trainern in Kissenform die verschiedenen chirurgischen Knoten üben und Nahttechniken erlernen. An Trainings-Puppen der Berufsfachschule übten sie dann auch noch das Legen von Harnkathetern und erhielten Unterweisungen zur Blutabnahme und Infusionen bei liegendem Zentralvenenkatheter oder Ports, der Durchführung von Tests zur Blutgruppen-Bestimmung sowie Anleitungen zur Vorbereitung von Infusionen und Aufziehen von Medikamenten.

Für alle Unterweisungen standen Mentoren aus verschiedenen Bereichen zur Seite, so dass die Teilnehmer neben dem Erlernen der Fertigkeiten auch die Möglichkeit hatten, ‚Fragen an Chef- und Fachärzte zu stellen. Auch Ärztlicher Direktor Dr. med. Klaus Kienle und Chef-Chirurg Mark Wick standen als „Lehrkräfte“ zur Verfügung und beide lobten das große Interesse der Studierenden. Dr. Kienle erinnerte sich übrigens auch noch an seine erste Naht. Damals war er als Praktikant in einer Schönheitsklinik in New York tätig, der zu nähende Patient hatte allerdings gerade seinen Blinddarm entfernt bekommen. „Die Naht hat ganz gut geklappt – aber danach hat mein Chefarzt mir erklärt, dass ich bei Blinddärmen bleiben soll, für die Schönheitschirurgie wären meine Nähte nicht gut genug“, schmunzelte der Mediziner. Sein Ausbilder sollte Recht behalten: Dr. Kienle gilt heut als Spezialist für Darmoperationen.

Am Ende des Tages bedankten sich alle Studentinnen und Studenten herzlich, sie fühlten sich jetzt, das war mehrfach zu hören, gut vorbereitet auf ihren nächsten Klinik-Einsatz.